Laudatio, Vernissage Stadtmuseum Döbeln 22.10.2010

Ausstellung: Natalia Simonenko, Malerei, Stadtmuseum Döbeln, 22.10.2010 – 6.17.20112 Laudatio gehalten von Frau Karin Weber, Galeristin und Mitglied des Vorstands des Neuen Sächsischen Kunstvereins e.V. Dresden, bei der Vernissage am 22.10.2010

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich freue mich sehr, dass Sie gewillt sind, sich von den malerischen Werken von Natalia Simonenko, einer Malerin aus St. Petersburg, verführen zu lassen.
Wenn ein Punkt Bewegung und Linie wird, entstehen flächige und räumliche Energien, Harmonien, die vom Betrachter Besitz ergreifen und wenn Licht mit ins Spiel kommt Farbklänge und Klangfarben, die einer inneren Gesetzmäßigkeit folgen, um sich im Raum auszubreiten zu einer Symphonie oder zu verstummen, wenn das Herz noch nicht bereit ist mitzuschwingen.

Natalia Simonenko hat Mut zur Kunst eigener Klangfarben.
Unbeeinflusst von den Moden des Kunstmarktes erzählt sie von der Schönheit der Welt, vom Licht das die Schönheit beseelt. Sie bekennt sich zu ihren Wurzeln, zu Schischkin und Repin, zu einem Realismus, der in der Nähe der Licht- und Luftmalerei des Impressionismus angesiedelt ist.

Es ist schwer, oder vielmehr die seltene Gabe, den inneren Ausdruck in einer bezwingenden, wohltemperierten Sprache mitzuteilen, und zwar nicht durch ein Ungefähr oder Übertreibung, sondern durch eine gekonnte Orchestrierung der Kunst, die alles enthält, was das eigene Leben ausmacht.
Zeit scheint gleich gefroren in der Licht trinkenden Malerei von Natalia Simonenko. Momentaufnahmen einer intensiven Beobachtungsgabe von Welt verwandeln sich in phantasievolle, atmende Kompositionen.

Erlebtes, Mythologisches und Geheimnisvolles bleiben gegenwärtig. Das Unterbewusstsein wird aktiviert und fließt in den bedächtigen Malstrom mit ein, mit dem sie Blumen entdeckt, den Sommer findet, durch Städte streift, Gesichter belauscht.
Die traumwandlerische Sicherheit, mit der die Künstlerin aus der soliden Handwerklichkeit eines Nuance versessenen Augenmenschen Kapital des Vielschichtigen schlägt, lässt Bildwerke von faszinierender Stimmigkeit und Sinnlichkeit entstehen. Ihr gelingt es, den ästhetischen «salto mortale» auf die Beine des Bedeutungsträchtigen zu stellen, das verfeinerte visuelle Angebot nicht als Leerlauf des Raffinierten erscheine zu lassen.

Auf welche verschlungenen Pfade der mikro- und makrokosmischen Erkundungen der Innenwelt und der Außenwelt sie sich auch einlässt, die Ergebnisse sind subtile Lektionen in punkto Feinkultur, Anleitungen zum Sehen, Erkennen und Assoziieren.

Das Verborgene wächst ins Sichtbare, in zart vibrierende Licht-Farb-Räume. Die Künstlerin wehrt sich gegen die noch allzu verbreitete Auffassung, dass ein Künstler arm und leidend sein muss, um Großartiges zu verbringen. Ein Künstler hat auch ein Recht auf Lebensglück. Zirkus liebt sie. Hier sind die Facetten von Schönheit und bis Tragik eindringlicher als im Theater vorhanden. Sie ist fasziniert vom Harlekin, wie Fellini oder Picasso. Porträts sind für sie im Profil reizvoller, da verinnerlichter. Auf den Landschaften tauchen immer wieder Yachten auf, Segelboote, die für die Künstlerin zu einem Symbol von Freiheit und den vielen unerschlossenen Möglichkeiten im Leben avancieren. Sie war in Montenegro mit seinen düsteren Bergkuppen, in Dubrovnik und Bayreuth mit seinem süßen Glamour, in der kalten Stadt Stockholm und im goldenen Prag. Sonnenblumen sind ihre Lieblingsblumen, als Symbol des Lebens schlechthin. Blumen sind überhaupt eine Liebeserklärung an das Leben.
Es kommt in der Kunst darauf an, etwas anzusprechen, etwas anklingen zu lassen, damit es im Betrachter ausklingen kann. Das weiß Natalia Simonenko.

Sie wurde 1970 in Leningrad geboren. Zeichnend und malend erkundigte sie die Welt. Für sie war es klar, Künstlerin zu werden. Aber ihre Eltern, zwei Ingenieur, hatten anderes mit ihr vor, wollten ihr den steinigen Weg ersparen, und ließen sie, sich in die pädagogische Fakultät einschreiben. 1999 schloss sie dennoch die Repin-Kunstakademie ab und wurde 2001 Mitglied er Vereinigung russischer Künstler. Seitdem reist sie durch die Welt, widmet sich mit Hingabe der Pleinair-Malerei, der Schönheit der Natur, dem Licht, dem Meer, den Bäumen, dem Porträt und erliegt zuweilen auch märchenhaften Stimmungen. Auf einer solchen Reise nach Rhodos lernt sie ihre Liebe kennen, die sie nach Döbeln geleitete.

Sie lebt ganz einfach romantische Gefühlsimpulse aus. Ich glaube auch, einen spirituellen Aspekt im Nachklang der Farbwirkungen zu entdecken. Sie liebt es zu komponieren und sich überwältigen zu lassen. Hermann Hesse schrieb: «Wer den Weg der Analyse, das Suchen seelischer Urgründe aus Erinnerungen, Träumen und Assoziationen ernsthaft eine Strecke gegangen ist, dem bleibt als bleibender Gewinn, das was man das innigere Verhältnis zum eigenen Unterbewussten nennen kann. Er erlebt ein wärmeres, fruchtbareres, leidenschaftlicheres Hin und Her. Er nimmt von dem, was sonst unterschwellig bleibt und sich nur in unbeachteten Träumen abspielt, vieles mit ans Licht herüber.»

Von solcher Art scheinen die Ölmalereien von Natalia Simonenko. Ihre Bilder sind lebendig. Sie beschreiben die drei Elemente Wasser, Luft und Erde im Zusammenklang der Farben, mit innerem Feuer. In gewisser Weise deute ich die arbeiten als Fürbitte, Herrschaft über die Zeit zu erlangen, sich der Eile zu entziehen, die uns gegenwärtig erfasst hat und aushöhlt. So anders kann jemand die Welt sehen, so still und doch so voller Sprache, so fern und doch so gegenwärtig.

Entdecken Sie die Poesie des bildnerischen Universums von Natalia Simonenko.
Ein herzliches Willkommen in Döbeln, Natalia Simonenko!